Fabulous Sankt Pauli

.. ist die einzige Möglichkeit

Stichwort „Fanrechte“

Was sind eigentlich Fanrechte, auf welchen Gesetzesgrundlagen beruhen sie?

Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist keine provokante Frage. Nachdem der Begriff in den letzten Tagen so inflationär oft benutzt wurde, habe ich mich das gefragt. Und dann habe ich natürlich Google gefragt. Suchergebnis: 23.700. Nachdem ich die ersten 25 Seiten durchgeklickt hatte, war das einzige weiterführende Ergebnis, was über eine artikulierte Inanspruchnahme von Fanrechten durch Fans hinausging, eine Interessengemeinschaft für Fanrechte, den Fanrechtefonds . Bei näherer Begutachtung handelte es sich hier inhaltlich in erster Linie um Stadionverbote, Klagen dagegen und Gerichtsurteile dazu. (in der Liste der Spender übrigens führend: Fanszene St. Pauli)

Das Ziel des Fanrechtefonds ist

… die Rechte von Zuschauern bei Fußballspielen – insbesondere des Teiles der Zuschauer, der aktiv zur Wahrung und Entwicklung einer Fankultur beiträgt – gegenüber den Veranstaltern, deren Ordnungskräften sowie gegenüber der öffentlichen Gewalt zu wahren, durchzusetzen und zu stärken.

Auch im Weiteren ist dort nicht ausgeführt, worin genau die Rechte bestehen und wo sie niedergelegt sind.

Dann stieß ich über twitter auf ein kurzes Interview mit Rechtsanwalt Thomas Stadler zum Thema „Fanrechte“, das ich auch nicht wesentlich erhellender fand als das bisher Gelesene.

Das einzige Gesetz in Verbindung mit Fußball und Fußballstadien, das immer wieder gern in Anspruch genommen wird und den meisten wohl am einfachsten verständlich ist, ist das Hausrecht. „Du kommst hier net rein“ ist wie zu Hause, wo ich selbst entscheide, wen ich einlasse und wen nicht.
So lange ich also mit der Ausübung des Hausrechts nicht gegen ein bestehendes Gesetz verstoße, kann ich es nach Gutdünken ausüben. So die Theorie.

Aber was ist darüber hinaus mit den vielzitierten Fanrechten? Woraus bestehen sie im Einzelnen und auf der Grundlage welcher Gesetze sind sie durchsetzbar? Gegen welches Gesetz wird nun genau zum Beispiel bei der Kartenkontingentierung verstoßen?

Der Bundesgerichtshof hält zum Beispiel ein Stadionverbot nicht grundsätzlich für eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts (mit BGH-Urteil vom 30.10.2009), sondern für eine in Ausübung des Hausrechts mögliche Maßnahme, wenn sie ohne Verletzung des Grundrechts auskommt und nicht von Willkür geprägt (also nachvollziehbar) ist.

Zusammenfassend: viele kleine Informationsbrocken, die man so oder so und im Einzelfall auch wieder anders auslegen kann, aber nirgendwo (zumindest ich habe es nicht gefunden) eine Art „Übersicht“, die auflistet, welche Rechte Fans haben oder zu haben glauben. Es wird mit Sicherheit in der Zukunft durch die Vorfälle der jüngsten Vergangenheit und die daraus entstehenden Ersuchen an deutsche Gerichte deutlicher werden, um was es detailliert geht, aber im Moment bewege ich mich jedenfalls in einem relativ undefinierten Raum.

Diese und andere Fragen werde ich jetzt mal dem Beirat des Fanrechtefonds stellen. Wenn man schon über Fanrechte spricht und schreibt, sollte man wenigstens genau wissen, um was es geht.

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25 Gedanken zu „Stichwort „Fanrechte“

  1. Bin mal gespannt, was dabei rauskommt… So richtig kann ich mir derzeit nicht vorstellen, dass es tatsächlich Gesetze oder ähnliches zu gibt… Und damit hätten wir zumindest keine gegen die Vereine durchsetzbaren Fanrechte.

  2. Cerbifc sagte am :

    Wer Fanrechte einfordert, sollte auch seinen Fanpflichten nachkommen!
    Weitergurgeln…

  3. sparschaeler sagte am :

    fanrechte ist eine wortschöpfung von menschen die das fan sein zu ihrem lebenszweck erklärt haben.

  4. Ein Fussballspiel ist für mich als Zuschauer und Fan Unterhaltung. Kein Krieg, keine politische Demonstration, kein Glaubenskrieg oder sonst was in der Art. Ich gehe zum Fussball, wie ich ins Kino, ins Konzert oder in die Oper gehe: Ich möchte ein paar Stunden Spaß haben und mich von meinem Alltag erholen. Daß ich überall Zugeständnisse machen muß, ist mir klar. Im Kino muß ich mit Deppen rechnen, die mir ihre Füße ins die Rückenlehne drücken, diesen stinkenden Taco-Käseschleim essen und im Film rumquatschen. Im Konzert oder der Oper muß ich damit rechnen, daß garantiert jemand an der schönsten Stelle einen Hustenanfall bekommt. That’s Life. Wer mit solchen Unnanehmlichkeiten nicht leben kann, sollte zuhause auf dem Sofa sitzenbleiben und DVDs gucken oder Schallplatten hören.

    Aber im Stadion muß ich damit rechnen, daß ich mit Bier, Feuerzeugen, Pyros beworfen werde und bestenfalls meine Klamotten anschließend in die Reinigung geben darf, schlimmstenfalls im Krankenhaus lande.

    Im Stadion muß ich damit rechnen, bepöbelt oder bedroht zu werden werden weil ich nicht nach Vorschrift jubele („faul rumstehen kannst du zuhause, hier wird gesungen!“) oder bei Dauerregen lieber eine wasserdichte Wachsjacke statt eines dünnen fcsp-Kapuzenshirts trage („Verpiss‘ dich, du Jägerschnepfe! Bist wohl im falschen Stadion gelandet?“).

    Vor dem Stadion schon muß ich damit rechnen, daß meine Personalien von Team Grün anlassfrei kontrolliert werden. Nein, ein Stadionbesuch per se erkenne ich nicht als Anlass an.

    Im Stadion muß ich damit rechnen, von der Staatsgewalt auf Video aufgezeichnet werde und unter Umständen fünf Jahre später erklären muß, was ich damals konspiratives mit dem frisch verhafteten Chef der Hamburger Al Quaida Gruppe besprochen habe, neben dem ich schliesslich das ganze Spiel gestanden hätte…

    Meine Rechte als Fan beinhalten nach meinem Verständnis, das solche Ereignisse nicht geschehen dürfen, und schon gar nicht auf regelmäßiger Basis.

    Ich bin kein Fan im Sinne von Fanatiker. Wahrscheinlich fühle ich mich deshalb auch immer so fehl am Platze im Fußballstadion, obwohl es mich ziemlich traurig stimmt, daß meine Lieben mir sagen „sei vorsichtig, paß auf dich auf“ wenn ich ankündige, zum Fußball zu gehen. Das haben sie jedenfalls noch nie zu mir gesagt, wenn ich in die Oper gehe. Oder zum Baseball. Oder zum American Football. Oder zum Eishockey. Oder zum Lacrosse. Oder auf den Golfplatz. Kurz: dort, wo sich Akteure und Zuschauer meist seltsamerweise sportlich verhalten.

    • Oh ja, die mitgegebenen guten Wünsche von Muddi („Kind, paß auf Dich auf!“, die besorgten Blicke der nicht-fußballaffinen Kollegen, die anscheinend immer mit verletzungsbedingten Ausfällen rechnen (nicht der Mannschaft, sondern von mir nach einem Stadionbesuch), die Jackenauswahl (wo sieht man Flecken am wenigsten oder was lässt sich am besten und günstigsten reinigen)….

      „Verpiss Dich, Du Jägerschnepfe..“????? Das ist stark.

      Also geht es hier um zweierlei Fanrechte. Die mit Außenwirkung und die mit Innenwirkung. Und wirklichen, durchsetzbaren Anspruch darauf hat man weder noch.

    • Gabi + Otto sagte am :

      …gelesen…erschrocken…nachgedacht…zugestimmt….traurig aber wahr…

  5. Ein Zwischenruf nur, weil mir jetzt zu viel zu ungeordnet durch den Kopf geht, nachdem ich erst heute dazu komme, bei Ihnen die letzten zwei Tage nachzulesen. Mal überfliegend, dann wieder intensiver. Beifall für diese Diskussion im Norden über das Fantum, der gilt Ihnen als ein Motor des Ganzen aber auch den Kommentatoren.

  6. Kees Jaratz sagte am :

    Ich schreibe gerade dran. 😉

  7. …So lange ich also mit der Ausübung des Hausrechts nicht gegen ein bestehendes Gesetz verstoße, kann ich es nach Gutdünken ausüben….
    ….Gegen welches Gesetz wird nun genau zum Beispiel bei der Kartenkontingentierung verstoßen? …

    Genau das ist der entscheidene punkt. Wieso mischt sich also der Statt ein wenn es um kartenkontigenten dreht? Das verstehe ich als eine bevormundung des haus rechts wenn vorgeschrieben wird wie hoch das karten kontigent sein darf. Wenn jedoch der verein sich dazu entscheidet dann sollten sie es gerade heraus sagen und keine halb wahrheiten verkunden… meinet wegen kann man es faninteressen anstatt fanrechte nennen dennoch erwarte ich von eine verein das sie diese bestmoeglich vertritt und nicht widerspruchslos auflagen von gruen und co hinnimmt. Das soll aber nciht bedeuten das diese interessen/rechte dazu genutzt werden sollen um gewalt/beleidungen/gefahren situationen freizusprechen.

    • Faktisch gesehen die entscheidende Frage. Ich sehe das mit Laienrechtsempfinden genauso. Und daher halte ich es für eine, sagen wir mal, nachdrückliche Empfehlung der Polizei, mit dem Kartenkontingent so zu verfahren, wie es jetzt passiert ist. Wie diese Empfehlung mit Nachdruck unterlegt worden ist, würde mich zwar interessieren, das werden wir aber sicher nicht erfahren. wie gesagt, dieses Szenario ist rein spekulativ.

      Weiterspekuliert: ehrlich wäre es dann in diesem Fall zu sagen, daß der Verein nach Gesprächen mit der Polizei zum Ergebnis gekommen ist, das Kartenkontingent zu beschränken. Grupo Hausrecht.

      Und bei dieser Variante wage ich mir nicht auszumalen, wie die Fanproteste unter der Prämisse ausgefallen wären, dass diese Entscheidung OHNE zwingenden Druck der Polizeibehörden gefallen ist.

  8. Piet sagte am :

    Okay, mein (aus Un- und Halbwissen herausgeschälter) Verstehensansatz:

    Ich denke, es ist ein Begriff zur Bezeichnung des Gegenteil von Willkür, als das Stadionverbote, etc. oft bezeichnet werden. Und auch in der Diskussion um die Rohrstock-Beschränkungen jetzt ging es in vielen Beiträgen um Verletzung von Grundrechten, Generalverdacht, Vorverurteilung, Inhaftungnahme Unschuldiger, etc. (wo ja z.T. etwas dran ist, weil im Stadion keine Straftaten nachgewiesen werden müssen, um ein Verbot auszusprechen oder Maßnahmen wie diese jetzt durchzusetzen, was gerade in einer sich als politisch verstehender Fanschaft Konfliktpotential mit sich bringt).

    Ich denke, man muss die Fußballwelt nicht mal Ultrà-like als Universum betrachten, um ähnliche Schlüsse zu ziehen, obwohl natürlich noch immer das Hausrecht gilt. Der darin enthaltene Widerspruch ergibt sich aus der Sicht auf die Fans, ob diese bloß Zuschauer sind, zahlende Theater-Gäste, wogegen sich wohl die meisten Fans wehren, oder als integraler Bestandteil des Fußballs selbst als Teil dieser Gesellschaft, woraus dann „Grundrechte“, hier: Fanrechte abgeleitet werden.

    Also, so nach meinem kruden Verständnis als (bekanntermaßen) Nicht-Ultrà, und mal sehr aus dem Ärmel heraus skizziert. 😉

    • Für aus dem Ärmel raus schöner Ansatz. Entspricht ja auch von weiter oben
      „..von Zuschauern bei Fußballspielen – insbesondere des Teiles der Zuschauer, der aktiv zur Wahrung und Entwicklung einer Fankultur beiträgt..“

      Wobei ich den eingeschobenen Satz auch nicht ganz unkritisch sehe.

      Theater ist ja so falsch nicht. Aber dann eher Kino. Wie seinerzeit bei der „Rocky Horror Picture Show“. Aktivtheater. Ohne die aktiven Zuschauer damals wäre der Film nie zur Legende geworden.

      Sorry, abgeschwiffen offen eift…

  9. kubakanone sagte am :

    Dazu wollte ich jetzt nun doch eine genauere frage stellen!!!
    Was haltet ihr den nun von dem aussperren von Gästefans (auch wenn es rostocker sind)
    Bin seid tagen mit freunden am diskutieren was wir davon halten aber auf einen gemeinsamen nenner sind wir noch nicht gekommen.
    wobei ich definitiv die Meinung vertretet das es gar nicht klar geht leute auszusperren weil ein halbes jahr vorher irgendwelche beknackten Krawall gemacht haben.
    Diese meinung werde ich definitiv am nächsten sonntag auf einem plakat kund tun nur bin ich mir mit der Aufschrift nicht zu sicher da ich nicht als hansa Sympathisant da stehen will.
    was für einen slogan würdet ihr wählen?

    • sparschaeler sagte am :

      so ganz spontan würde ich schreiben

      alle scheiße ausser muddi

    • Ich hatte die Antwort schon fertig, aber ich muß nochmal drüber nachdenken.

      Edit: so, fertig.
      Ich würde Dir dann mal das Lesen der vorangegangen Diskussion unter dem Beitrag „Fanrechte, Polizei…“ empfehlen, da findest Du viele verschiedene Meinungen. Auch da gibt es im Grunde keinen gemeinsamen Nenner, nur verschiedentlich Übereinstimmungen in einzelnen Punkten.

      Wenn Du gegen die Aussperrung von Gästefans bist, dann artikulier es. Wenn Dich deswegen jemand aus Deinem Umfeld für einen Hansa-Sympathisanten hält, dann musst Du das mit Deinem Umfeld ausmachen.

      Ich würds allgemein halten. Ansonsten geb ich lieber keine Ratschläge 😉

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